Wie im Himmel - Premiere im Musiktheater Linz

Wie im Himmel

7640 300dpi Reinhard Winkler klein7663 300dpi Reinhard Winkler klein7664 300dpi Reinhard Winkler klein
© Reinhard Winkler


Premiere der deutschsprachigen Erstaufführung
Musiktheater Linz  -  11. September 2021


Die erste Musical-Premiere seit langer Zeit, welche wieder vor Publikum stattfinden durfte und auch einem Live-Orchester im Graben vor der Bühne. Und das vor ausverkauftem Haus. Das Musiktheater Linz lud ein zur deutschsprachigen Erstaufführung von
„Wie im Himmel“. Die Uraufführung fand am 13. September 2018 im Oscarsteatern in Stockholm statt.

Bereits der erste Blick, die erste Szene, verzauberte alle. Visuell füllte eine Wiese mit Blumen und Gräsern die Bühne.Fast hatte man das Gefühl, diese riechen zu können. Hier fing alles an, hier wuchs Daniel auf, lernte Geige, bis das Wunderkind mit seiner Mutter wegzog und ein berühmter Dirigent wurde. Er bekam den Künstlernamen „Daniel Daréus“, und kehrte nach einem Herzinfarkt zurück in seine Heimatstadt. Niemand erkannte ihn wieder. Hier beginnt das Musical, das sicher keiner vergessen wird. Das Gegenteil wird der Fall sein: So mancher wird wohl bald wieder hier in diesem Theater sein, welches eines der wenigen ist, dass es immer wieder schafft, visuell und tontechnisch perfekt zu sein. Jeder Ton, gesungen oder instrumental – ein Hochgenuss.

Als Gast zum festen Ensemble des Musiktheaters Linz wurde für diese Produktion
Mathias Edenborn engagiert. Die perfekte Besetzung für die Rolle des „Daniel Daréus“. Als Schwede weiß er, wie seine Landsleute sind und bringt diesen Vorteil mit viel Gefühl ein in das Leben des Dirigenten, der in seiner Heimat zum Kantor wird, um den Kirchenchor unterrichten zu können, damit jeder seinen eigenen Ton findet. Hier lernt er die Zeit, die ihm noch bleibt, zu nutzen. Er lernt zu lieben, zu vertrauen. Man muss nicht alles hinnehmen und auf keinen Fall zuschauen, wenn Unrecht geschieht. Viele der Erkenntnisse dieses Abends findet auch das Publikum wieder. Untermalt wird das mit Liedern, die ein Musical wirklich ausmachen. Voller Gefühl, wunderbaren Texten, die getragen werden durch traumhafte Melodien. Dazu die Stimme von Mathias Edenborn in einer kraftvollen Wärme, die alles umfängt.

Auch die Menschen um Daniel Daréus lernen und verändern sich. Nur eine nicht, die Frau, in der sich Daniel verliebt. „Lena“ – sie weiß dies wohl schon alles, auch, dass es eigentlich keinen Tod gibt und alle Menschen Flügel haben, wie Engel. Mit Celina dos Santos hat das Musiktheater Linz eine großartige Darstellerin und Sängerin gefunden, die diese Rolle harmonisch bekleidet. „Lena“ ist für alle in diesem Chor eine Leitfigur, besonders auch für den behinderten „Tore“, der durch den Chor weit über sich hinauswächst.
Lukas Sandmann fasziniert in diesem Part, der so viel abverlangt und doch so spielerisch aussieht. Gabriella´s Weg ist nicht leicht mit zwei Kindern und ihrem gewalttätigen Mann. Judith Jandl und Sebastian von Malfèr bringen diese oft harten Szenen so real auf die Bühne, dass es manche Frau im Publikum kaum aushält. Gut fühlt sich Gabriella nur im Chor, wird stärker und singt „Gabriella´s Lied mit einem Ausdruck, der bleibt und sicherlich viel bewirkt. „Stig“ und seine Frau „Inger“. Stig, der eifersüchtige und neidische Pfarrer, eine implodierende Mischung die auch die Gefühle zwischen ihn und seiner Frau zu großen Problemen werden lässt, die letztendlich eskalieren. „Es gibt keine Sünde – da Gott nicht anklagt“. Die ganze Welt des Pfarrers wird auf den Kopf gestellt.
Karsten Kenzel, er bringt den Pfarrer und dessen Zerrissenheit mehr als glaubhaft auf die Bühne. Daniela Dett ist in der Rolle seiner Frau fantastisch. Sie findet ihren Ton perfekt. Der Pfarrer sucht lange seinen Ton, stimmlich sind beide mehr als überzeugend. Arne, der alles besorgt, immer im Mittelpunkt stehen will und keinerlei Respekt vor anderen hat. Am meisten leidet der etwas schwergewichtige Holmfried unter ihm. Die Wandlung dieser beiden stimmgewaltigen Persönlichkeiten zeigen die Möglichkeiten auf, wenn zu mindestens einer sich oder den anderen nicht mehr erträgt. Gernot Romic und Robert G. Neumayr sind das Kleinod in der großen Geschichte. Sie stechen nicht total heraus, aber ohne ihre Rollen, ihren Darbietungen und den finden ihres Tones, wäre die Geschichte nicht rund.

Noch einmal richtig magisch wird es beim Schlusslied. Alle Darsteller sind auf der Bühne, singen gemeinsam und plötzlich erheben sich im Publikum vereinzelt Sänger und stimmen mit ein. Das war einer der Momente, in dem auch der letzte Zuschauer im Saal ergriffen Tränen in den Augen hat. Danach standen nicht nur die Sänger des Extrachores sondern das gesamte Theater. Solche Standing Ovation hatte das Musiktheater Linz selten erlebt. Die Zuschauer klatschen, rufen – die Begeisterung ist nicht zu stoppen. Auf der Bühne bedanken sich alle Darsteller, liegen sich zeitweise vor lauter Glück in den Armen. Was für ein Abend!

Mit „Wie im Himmel“ ist dem Musiktheater in Linz wieder der ganz große Wurf gelungen. So sollte Musical sein. Wunderbare Lieder, Texte mit Aussage, Kompositionen die tief in der Seele versinken. Die Geschichte geht tief ins Herz und hat viele wichtige Aussagen, denen man in jedem Leben immer wieder begegnet. Die Kostüme sind zeitgemäß und passen zu den einzelnen Rollen. Das Bühnenbild ist einfach und durch Schiebeelemente schnell zu verändern. Das feste Ensemble des Musiktheaters Linz mit ihrem Gast wird von der Qualität so schnell nicht zu toppen sein.

Sollte es von dieser Produktion eine CD geben, werden wir hier davon berichten.

Buch von Kay Pollak & Kai Pollak nach dem Film “Wie im Himmel“
Musik von Fredrik Kempe
Gesangstexte von Carin Pollak & Fredrik Kempe
Deutsch von Gabriele Haefs und Roman Hinze
(Uraufführung am 13. September 2018 im Oscarsteatern in Stockholm statt)

Musikalische Leitung: Juheon Han
Inszenierung: Matthias Davids
Choreografie: Melissa King
Bühne und Video: Mathias Fischer-Dieskau
Kostüme: Susanne Hubrich
Lichtdesign: Guido Petzold
Dramaturgie: Arne Beeker
Leitung Extrachor: Martin Zeller
Nachdirigat: Tom Bitterlich

Besetzung:

Daniel Daréus –
Mathias Edenborn
Lena – Celina dos Santos
Gabriella – Judith Jandl
Arne – Gernot Romic
Stig – Karsten Kenzel
Inger – Daniela Dett
Conny – Sebastian von Malfèr
Olga – Birgit Zamulo
Siv – Hanna Kastner
Holmfried – Robert G. Neumayr
Tore – Lukas Sandmann
Erik – Will Mason
Amanda – Nina Weiß
Florence – Tina Schöltzke
Daniels Mutter / Jannike – Hannah Moana Paul
Arzt/Finn – Joel Parnis
Agent/Dag – Peter Andreas Landerl
Kleiner Daniel (Violine) – Gabriel Federspieler
Junger Daniel (Violine) – Stephan Deinhammer

Die Musiker von „Die Zimtschnecken“ sowie dem Extrachor des Landestheater Linz.

Termine gibt es zurzeit bis zum 23. Februar 2022 (oft nur Einzeltage) und sind noch nicht alle für Tickets offen. Bitte immer mal nachsehen auf der Website des Theaters.

          
Dauer: 2 ¾ Std. incl. Pause

 

© Der Musikjournalist – Erika Urban // Irrtümer und Änderungen vorbehalten.